07/02/2025 0 Kommentare
Nun sind wir EINS
Nun sind wir EINS
# Spirituelles

Nun sind wir EINS
Predigt zur Gemeindevereinigung Staaken
Matthäus 7,24-27: Worauf baut ihr?
Liebe Gemeinde!
Worauf baut ihr? Worauf traut ihr? Was sind die Grundfesten eures Lebens? Das Fundament eures Handelns? Was hält euch tief im Innern?
So werden wir an diesem Sonntag gefragt. Im Evangelium bei Matthäus- wir haben es eben gehört – erzählt Jesus von zweierlei Hausbau. Von einem klugen Häuslebauer, der sich Fels als Fundament wählt und einem törichten Planer, der sein Haus auf Sand stellt. Als der Platzregen kommt und das Wasser steigt und der Wind an Fenstern und Türen rüttelt, da wohnt der erste Bauherr sicher in seinen vier Wänden, doch dem zweiten fällt sein Eigenheim zusammen wie ein Kartenhaus.
Worauf baut ihr?
Für Kinder hat das Bauen auf Sand einen besonderen Reiz. Die Sandburg als fester Bestandteil von vielen Familienurlauben an Nord- oder Ostsee. Mit Spaten und Schaufeln den Burggraben ausheben - so geht es los … und der Sand der in der Mitte landet, wird von kleinen und großen Händen festgeklopft. Mit Eimer und Förmchen werden Türme und Zinnen hochgezogen und ein Stück Pappe gibt eine gute Zugbrücke ab. Dann heißt es warten … Und sobald das Meer anfängt den Burggraben zu fluten, ist das Geschrei groß und die Freude auch. „Schnell den Burggraben vertiefen, den Bau mit Sand verstärken … !“ Doch zwecklos. Irgendwann klaffen die erste Risse, Türme bröckeln ins Wasser, bis der schöne Sandberg ganz entzwei bricht und in der Flut verschwindet. In den Spaß mischt sich ein Gefühl von Tragik. Eine Ahnung: „Ja so ist das mit uns Menschen, Wir bauen an unseren Lebenswerken und Schutzburgen, werden geformt durch Menschen und Erfahrungen, ein Turm hier, eine Zinne da. Sichern uns ab mit Burggraben und Zugbrücke. Und manchmal muss nur der Wind ungünstig stehen und wir stehen im Wasser, was wir uns aufgebaut haben zerrinnt wie Sand …
Worauf baut ihr?
Diese Frage habe ich oft Paaren beim Traugespräch gestellt, denn mit Partnerschaft und Ehe legen zwei ein gemeinsames Fundament. Das ist an diesem Sonntag auch so. Heute schließen ja zwei Kirchengemeinden gewissermaßen den Bund fürs Leben. Ob Liebesheirat oder Vernunftehe – darüber erlaube ich mir kein Urteil, das müssen die Brautleute selbst entscheiden. Das passende Bild zu diesem Anlass jedenfalls hat Viktor Weber mit Künstlicher Intelligenz für die Webseite kreiert: Zwei Hände, die sich finden, verbunden durch zwei goldene Ringe, im Hintergrund ein etwas kitschiges Kirchenportal im Morgengrauen. Romantik pur! Und einen gemeinsamen Ehenamen gibt es auch bereits: „Evangelische Kirchengemeinde Staaken“ – einfach Staaken, ohne von und zu. Heute also die kirchliche Trauung mit Sektempfang im Anschluss, die große Hochzeitsparty folgt dann am 20. Juli. Wenn die Eheleute dafür noch einen Musiktipp benötigen sollten, wäre mein Vorschlag „Go West“ von den Pet-Shop-Boys. Eigentlich haben die das von den Village-People gecovert und die haben es zur Melodie eines Kanons von Pachelbel komponiert. „Go West“, denn weiter westlich als Staaken kommt man in Berlin sowieso nicht. Und auch der übrige Text passt ziemlich gut: „Together we will love the beach. Together we will learn and teach. Together change our pace of life. Together we will work and strive.” Naja – einen Strand sucht man in Staaken vergebens. Aber einander lehren und voneinander lernen, das Tempo aufeinander abstimmen, zusammenarbeiten und sich miteinander bemühen“ das scheint mir nicht nur für jede Ehe wesentlich zu sein, das stimmt auch für das Zusammenwachsen zweier Gemeinden. Heute also offiziell „Together“, „Zusammen“, Evangelische Kirchengemeinde Staaken. Ich gratuliere euch, liebe Geschwister und bin dankbar für alle, die den Prozess zur Gemeindevereinigung engagiert, besonnen und lösungsorientiert zum Ziel geführt haben. Stellvertretend möchte ich die Vorsitzenden der beiden Gemeindeleitungen nennen, Uli Kallmeter aus Staaken-Gartenstadt und Stefan Pfeiffer aus Zu Staaken, Tim Vogt, den Geschäftsstellenleiter, alle Mitarbeitenden und das Pfarrteam Viktor Weber und Heike Everth, auch Cord Hasselblatt, der uns aus Erlangen grüßt. Und wie schön, dass Johannes Herzer als Pfarrer zur Entsendung in der frischvereinten Gemeinde seinen Dienst aufgenommen hat.
Worauf baut ihr?
Auf das Verbindende – das ist klar. Was Gemeinschaft stiftet, Menschen zusammenführt, Kräfte bündelt. Gemeinsam ist man nicht nur weniger allein, sondern auch stärker, smarter, ideenreicher. Das gilt nicht nur für die neue, größere Kirchengemeinde, sondern meint auch die Vernetzung von Gemeinde und Gemeinwesen. Die ist in Staaken ja von jeher besonders intensiv. In der Gartenstadt bildet die Kirche mit der Kita nicht nur baulich das Zentrum und hier in der Obstallee und im Pillnitzer Weg wird das diakonische Herz von Kirche sichtbar, etwa durch „Laib und Seele“, die Kirchenboutique und die enge Verbindung zum Gemeinwesenverein Heerstraße-Nord.
Worauf baut ihr?
In Staaken lautet die Antwort: Vielfalt. Alteingesessene und Zugezogene, Dorfidylle und Großstadtfeeling, Kirche und Quartier, Beton und Blumen, Gartenstadt und Neu-Jerusalem, Heerstraße-Nord und Hahneberg, Fledermäuse und Florida-Eis. Wer diese Mischung erleben will, muss nach Staaken kommen. Also: Go west!
Worauf baut ihr?
Aktuell müssen wir erleben wie Hass, Ängste und Ressentiments zum Fundament von Politik werden. Ob in den Vereinigten Staaten oder im deutschen Wahlkampf, ob aus Überzeugung oder kurzfristigem Kalkül. Es macht mir Sorge wie so der soziale Frieden immer weiter erodiert. Ob in Europa oder in unserem Land, so lässt sich das gemeinsame Haus, das unsere Gesellschaft bildet nicht aufrechterhalten. Wer Menschen spaltet, hat auf Sand gebaut. Das ist die hoffnungsvolle Erfahrung, die ihr, liebe Staakener gemacht am 9. November 1989. Nach Jahrzehnten der Teilung bringen Kerzen, Gebete und unbändiger Freiheitswille den Eisernen Vorhang zu Fall. Die Mauer war auf Sand gebaut. Gerade in Zeiten neuer kalter und heißer Kriege, die Erinnerung: Es geht - Mut und Freiheit sind stärker als Angst und Unterdrückung.
Worauf baut ihr?
„Selig sind die da Leid tragen, denn sie werden getröstet werden! Selig sind die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen. Ihr seid das Licht der Welt, lasst euer Licht leuchten! Liebet eure Feinde! Sorgt nicht. Richtet nicht!“ Wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute.
Darauf kann man bauen, sagt Jesus. Mit diesen Worten kann man sein Lebenshaus errichten. Worte zum Leben und zum Sterben. Kein kompliziertes Lehrgebäude, aber Worte mit Anspruch, tröstende und herausfordernde. Wir sollen in ihnen wohnen als wären’s unsere 4 Wände, sie ganz konkret mit unserem Leben füllen, sie tun. Anders als so manche Wohnungseinrichtung sind sie nicht nur gemütlich, haben Kanten und Unbehagliches an sich, eröffnen keine Räume zum gepflegten Entspannen, sondern zu einem Leben das etwas riskiert, weil es sich aussetzt und verletzlich ist.
Gar nicht so einfach! Und trotzdem: Ich will es wagen, auf ihn und sein Wort will ich bauen. Mit leeren Händen. Denn der Glaube ist kein Bausparvertrag. Das Fundament hat schon ein anderer gelegt. Wird selbst zum Grund meines Lebens, zum Eckstein und Anstoß auch. Auf seine Worte will ich trauen, will in ihnen wohnen. Seine Worte, die mich beschämen, weil ich hinter ihrem Anspruch zurückbleibe. Die mich befreien von falschen Kompromissen. Die mich berauschen, weil sie sagen: Du kannst anders leben – und die mich piksen, weil sie sagen: Du musst anders leben. Seine Worte, die mich trösten, im Leben und im Sterben. An ihnen taste ich entlang wie an Wänden, doch nicht allein, wie gut! Gemeinsam spüren wir ihnen nach, füllen wir die Worte mit Leben – hier in Staaken und an anderen Orten. Einer baut auf uns und baut uns auf, als lebendige Steine, als sein Haus, das Kirche heißt, immer wieder neu.
Und wenn mein Lebenshaus mal Risse kriegt wie eine Sandburg, dann weiß ich: Der Grund auf dem ich stehe hält. Einer trägt mich durch Wind und Wetter, jeden Platzregen ja mein Leben lang. Darauf kann ich bauen.
Amen.
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